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Michelangelo

Dieser Text zeichnet ausschließlich das Wirken von Michelangelo in seiner Heimat Florenz nach und spart seine Arbeit in Rom – bis auf den Verweis auf einige Schlüsselwerke – bewusst aus.

Familie

Lodovico di Leonardo Buonarroti Simoni und Francesca di Neri hatten insgesamt fünf Söhne. Ihr zweiter Sohn erblickte am 6. März 1475 in Caprese, Toskana, das Licht der Welt und starb am 18. Februar 1564 in Rom. Er hieß Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni – heute bekannt als Michelangelo. Seine Mutter starb bereits 1481. Michelangelo wuchs in Florenz auf und kehrte im Lauf seines Lebens immer wieder in diese Stadt zurück.

Der Wunsch Künstler zu werden

Im Alter von sieben Jahren besuchte Michelangelo die Lateinschule von Francesco da Urbino, doch er zeigte wenig Interesse für den Schulstoff und kopierte lieber Kirchenbilder. So entwickelte sich im jungen Michelangelo der Wunsch, als Künstler zu arbeiten. Dieser Wunsch stieß auf wenig Gegenliebe seitens des Vaters, doch er lies ihn gewähren, sodass Michelangelo mit 13 Jahren beim erfolgreichen Freskomaler Domenico Ghirlandaio in die Lehre ging. Bevor er seine Lehre beendete, wechselte er zur Kunstschule im Garten San Marco, um sich unter Bertoldo di Giovanni dem Studium der Bilderhauerei zu widmen. Die Abwendung von der Malerei hin zur Bildhauerei veranschaulicht das Flachrelief „Maria mit Kind an der Treppe“ aus dieser Zeit: Ein Bild, das beginnt, in den Raum zu treten. Unter Bertoldo di Giovanni studierte er nicht nur die antike Skulpturensammlung im Garten San Marco, sondern kam auch mit Marsilio Ficino und dem Gedankengut des Neuplatonismus in Kontakt. Als Übersetzer der Schriften von Plotin (Begründer des Neuplatonismus im 3. Jahrhundert) aus dem Griechischen trug Marsilio Ficino maßgeblich zur Verbreitung dieser antiken Denkschule in der Renaissance bei. Darüber hinaus versuchte er, diese Schule mit dem Gedankengut des katholischen Christentums zu vereinen. Der 16-jährige Michelangelo nahm diese Ideen und die zugrunde liegende Weltanschauung in sich auf – diese prägten sein gesamtes weiteres Schaffen.

Neuplatonismus

Der Neuplatonismus geht auf die Philosophie Platons zurück. Ihm zufolge existiert eine Ideenwelt, die der Mensch nicht mit seinen Sinnen wahrnimmt. Allein die Abstraktion des Geistes führt zur Idee der Dinge. Im Gegensatz zur modernen Auffassung einer Idee stellt diese keinen „Einfall“ des Menschen dar, sondern existiert als absolute Wirklichkeit unabhängig vom Menschen. Für Michelangelo befand sich die Idee im platonischen Sinn schon im Marmor, sodass er „nur“ versucht diese herauszuarbeiten. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass er viel Zeit in Steinbrüchen verbrachte und mit großer Sorgfalt den Marmor für seine Skulpturen auswählte. Dieser Auffassung blieb Michelangelo während seines gesamten Lebens treu.

Aufnahme und Förderung durch Lorenzo de’ Medici

Lorenzo de’ Medici, Stadtherr von Florenz und Mitglied der Dynastie der Medici, förderte die Künste und unter seiner Führung entwickelte sich Florenz zum kulturellen Zentrum in der Renaissance. Er unterstützte auch die Kunstschule, die Bertoldo di Giovanni leitete und traf auf den jungen Michelangelo. Dieser beeindruckte den Medici so nachhaltig, dass er sich dem Jugendlichen annahm und ihm eine breit angelegte humanistische Bildung ermöglichte. Michelangelo lebte – bis zum Tod von Lorenzo de’ Medici im Jahr 1492 – fast drei Jahre lang in dessen Haushalt. Nach dem Tod seines Mäzens kehrte Michelangelo Florenz den Rücken und ging für ein Jahr nach Bologna.

Rückkehr nach Florenz

In seiner Abwesenheit hatte sich das Klima in Florenz gewandelt: Girolamo Savonarola herrschte über die Stadt – die Macht der Medici war gebrochen. Die Aufträge für Künstler von der Stadtregierung blieben aus.

Kunst als Auftragsarbeit

In der Renaissance entstand Kunst ausschließlich als Auftragsarbeit. Die Arbeitspraxis des „freien Künstlers“, der sein Sujet selbst bestimmt und nicht einen bestimmten Auftrag erfüllt, entwickelte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit den französischen Impressionisten. Diese Tatsache begründet Michelangelos wiederholte Aufenthalte in Rom: Er erhielt dort Aufträge von Päpsten und Kardinälen.

David von Michelangelo

David von Michelangelo ©iStockphoto/JayBoivin

„Die gute Fälschung“

Michelangelo erhielt in Florenz jedoch einen kleineren Auftrag von einem weiteren Mitglied der Medici Familie: Lorenzo di Pierfrancesco. Als dieser die von Michelangelo gehauene Kopie des schlafenden Cupidos (Personifizierung der Liebe in der römischen Mythologie) sah, machte er den Vorschlag, die Statue künstlich zu altern, um sie als „antikes Original“ zu verkaufen. Der Plan ging zunächst auf, doch bald bemerkte der Käufer, der Kardinal der römischen Kirche San Giorgo mit Namen Raffaele Riario, den Betrug. Zur Verwunderung Michelangelos lud der Kardinal ihn nach Rom ein – trotz Betrugs hatte der 20-Jährige durch sein künstlerisches Können überzeugt. Michelangelo nahm die Einladung an und ging 1496 zum ersten Mal nach Rom.

Erneute Rückkehr nach Florenz

Michelangelo hatte Florenz als geachteter Künstler verlassen und kehrte im Herbst des Jahres 1501 als bedeutendster Künstler seiner Zeit nach Florenz zurück: In Rom hatte er die Pietà (Muttergottes, die den toten Jesus hält) erschaffen, die schon bei seinen Zeitgenossen auf Begeisterung gestoßen war. Heute gilt die Statue als ein Schlüsselwerk der Hochrenaissance. Die Arte Della Lana, eine einflussreiche Zunft von Wollwebern, gab bei Michelangelo eine Statue des biblischen Davids in Auftrag. Michelangelos David zählt zu den bekanntesten Statuen der Kulturgeschichte und hat bis zum heutigen Zeitpunkt nichts von seiner Faszination verloren. 1505 verlies er Florenz erneut und ging nach Rom, um sich auf seine Lehre als Freskomaler zu besinnen. Im Auftrag von Papst Pius II. gestaltete er die Decke der Sixtinischen Kapelle.

Arbeiten als Architekt in seiner Heimat Florenz

Nach der 4-jährigen Arbeit am Fresko in der Sixtinischen Kapelle ging Michelangelo 1513 zurück in seine Heimat Florenz und blieb diesmal fast 20 Jahre. Giulio de’ Medici, der später zum Papst ernannt wurde und daraufhin den Namen Clemens VII. trug, wollte seinen verstorbenen Verwandten ein Denkmal setzen und beauftrage Michelangelo mit einer Erweiterung der Kirche von San Lorenzo. Dieser entwarf sowohl die Architektur als auch verschiedene Figurengruppen für den Innenraum. Mit Unterbrechungen arbeitete Michelangelo von 1520 bis zu seinem endgültigen Weggang aus Florenz im Jahr 1534 an dieser Sakristei. Die Fertigstellung (1545) der Medici-Kapelle erfolgte durch seine Mitarbeiter. Parallel zur Arbeit an der Sakristei plante und begann er den Bau der Laurenziana (Bibliothek der Familie Medici), die sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe zur Kirche von San Lorenzo befindet. Durch die Plünderung Roms und die dementsprechende Schwächung von Clemens VII. im Jahr 1527 gerieten auch die Machtverhältnisse in Florenz ins Wanken. Die Bürger von Florenz riefen eine Republik aus – entmachteten die Familie der Medici erneut. Doch schon bald befand sich die Stadt im Belagerungszustand, sodass die Stadtregierung (Signoria) Michelangelo zum Bauleiter der Befestigungsanlagen berief. Nach dem Fall der Stadt im Jahr 1530 ging er endgültig nach Rom.

Lebensstil und Wirkung

Auch in den Zeiten seiner größten Erfolge lebte Michelangelo bescheiden und zurückgezogen. Er schlief oft bekleidet – selbst die Schuhe zog er nicht aus. Michelangelo widmete sich ausschließlich seiner Arbeit. Auch wenn er mit Assistenten zusammenarbeitete, blieb er sein ganzes Leben ein melancholischer Einzelgänger. Im Alter schrieb er homoerotische Sonette, doch jegliche Überlieferungen zu Liebesbeziehung fehlen. Er betrachtete sich selbst als Bildhauer, obwohl viele Kritiker das Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle als sein Meisterwerk ansehen. Seine Zeitgenossen bezeichneten ihn aufgrund seiner künstlerischen Fähigkeiten als „Il Divino“: der Göttliche. Die Nachahmung seines Stils resultierte im Manerismus, der auf die Epoche der Hochrenaissance folgte. Michelangelo gilt mit Raffael und Leonardo da Vinci zusammen als einer der bedeutendsten Künstler dieser Epoche der Kunstgeschichte. Michelangelos umfangreiches Werk inspiriert bis zum heutigen Zeitpunkt – zieht Besucher in seine Heimat Florenz.

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